Die Konzeption der Kampfführung der Armee XXI verzichtet weitgehend auf das bisherige Rückgrat der statischen Verteidigung, die militärischen Kampfbauten. Das grosse Netz dieser Befestigungsanlagen, mit deren Bau im Aktivdienst ab 1939 begonnen und die in der Zeit des Kalten Krieges kampfwertgesteigert und den veränderten Erfordernissen angepasst wurden, ist somit ausgemustert. Das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) bietet solche Anlagen den Kantonen, interessierten Gemeinden und Organisationen zur Übernahme an.
Der Kanton Basel-Landschaft hat – im Rahmen dieses «Ausverkaufs der militärischen Heimat» aus den mehreren hundert Kampf- und Führungsbauten auf dem Kantonsgebiet – sechs historisch wertvolle militärische Anlagen von nationaler Bedeutung übernommen. Mit diesen Werken soll die Leistung von Armee und Bevölkerung für den Erhalt der Unabhängigkeit des Landes bei kriegerischen Auseinandersetzungen und Angriffen auf unser Land dokumentiert werden. Künftigen Generationen wird so die Möglichkeit erhalten, den Wehr- und Widerstandswillen der Schweiz «im Gelände» nacherleben zu können.
Die erworbenen Anlagen sind:
In der Zeit vor und während des 2. Weltkriegs gewannen militärische Sperrriegel hohe Bedeutung. Mit ihnen konnten Engnisse auf den gegnerischen Vormarschachsen nachhaltig verteidigt und ein Durchbruch über längere Zeit verhindert werden. Dies verzögerte den auf raschen Vorstoss zielenden mechanisierten Gegner nachhaltig und schuf für die höheren Kommandostellen wichtigen Zeitgewinn zur Auslösung adäquater Gegenmassnahmen im Rahmen ihrer Kampfplanung.
Aufgrund der sich in den 1930er Jahren abzeichnenden Bedrohung durch das Dritte Reich wurde ab etwa 1935 mit dem Bau von Werken und Unterständen für die Grenztruppen begonnen. Hinzu kam auch die Befestigung der Rheinufer – die sogenannte Rheinbunker-Linie, mit Maschinengewehr-Werken. Diese Abwehrkette erstreckte sich von Osten her bis in den Raum Mumpf. Die Fortführung dieser Bunkerbauten unterblieb dann aus Zeit- und (wahrscheinlich auch) Finanzgründen. Im Winter 1938/39 wurde, aufgrund der sich verschärfenden Bedrohungslage, die so genannte Pestalozzi-Linie erstellt (benannt nach dem für Planung und Ausführung verantwortlichen Genie-Chef der 4. Division). Diese bestand aus durchgehenden Infanterie Hindernissen am ersten Anstieg des Geländes auf die Jurahöhen und zog sich von Mumpf bis ins Engnis von Angenstein.
Nach der 1. Kriegsmobilmachung vom 2. September 1939 wurden in den Taleingängen und in weiteren, besonders gefährdeten Geländeabschnitten betonierte Panzerhindernisse gebaut. Diese Sperren wurden durch flankierend wirkende Infanterie-Panzerabwehrbunker verteidigungsstark gesichert.
Dem Engnis in der Klus von Aesch beim Schloss Angenstein kam in doppeltem Sinne besondere, ja gar strategische Bedeutung zu. Bei einem Angriff deutscher Truppen durch den Raum Basel, mit dem Ziel einer Südumfassung der französischen Armee in der Burgunderpforte, konnte hier eine wichtige Vorstossachse relativ einfach und nachhaltig gesperrt werden.
Im Falle einer Inkraftsetzung der auf Weisung von General Guisan mit dem französischen Armee-Oberkommando vorbereiteten Militärkonvention durch den Bundesrat, wäre der Sperrstelle Angenstein eine Schlüsselaufgabe zugekommen. Je nach Feindlage zum Zeitpunkt der Auslösung dieses vorbereiteten Einmarsches eines französischen Armeekorps in den Operationsraum bis auf das Plateau von Gempen, deckte die Sperre Angenstein eine der kritischsten Passagen für die Aufmarschachsen südlich der Jurakette Challhöchi – Blauen – Gempen.
Das Gelände in der Klus von Aesch steigt beidseits steil an und liess ursprünglich gerade Platz für den Durchfluss der Birs. Für die Hauptstrasse Richtung Laufen – Delémont und die rechtsufrige Nebenstrasse von Dornach Richtung Duggingen musste das Engnis erweitert werden. Die Birstallinie der SBB selbst ist hier in den Tunnel unter dem Schloss Angenstein gelegt. Unmittelbar an der Westseite des Schlosses errichtete die Armee einen grossen Panzerabwehr-Bunker, der mit einer 4,7 cm Befestigungskanone 37 auf Ständerlafette (Pendant zur mobilen 4,7 cm Infanteriekanone 35/41) bestückt wurde. Zusätzlich war ein Festung-Maschinengewehr 11 (Maxim, mit Wasserkühlung) eingebaut. Die Wirkung auf das durch eine Tankbarrikade verstärkte Engnis war, bei einer Schussdistanz von gerade mal 150 – 200 m, selbst gegen die damals stärksten deutschen Panzer (Kampfwagen IV) letal.
Zur Deckung des Werkes am Schloss (Bunker Ost) und mit Wirkung auf die rechtsufrige Strasse, wurde auf dem Felskopf oberhalb der Hauptstrasse das überhöhte Gegenwerk West (Muggenberg) gebaut. Dieses war analog dem Werk Ost mit der 4,7 cm B-K 37 und dem Festungs Mg 11 ausgerüstet.
Haupt- und Nebenstrasse waren mit festen bzw. mobilen Tankbarrikaden bestückt; die Birsbrücke war zudem Sprengobjekt, was die Passage praktisch unpassierbar machte. Da die Truppe in der Sperrstelle auch den Schutz des Eisenbahntunnels zum Auftrag hatte, führte aus dem dreistöckigen Werk Ost ein Treppenstollen in den Tunnel hinab.
Diese Infanterie Panzerabwehr-Bunker bestehen grundsätzlich aus der Kampfplattform und dem darunter liegen den Kommando- und Maschinenraum. Die Versorgung mit Frischluft erfolgt über Filteranlagen, welche allfällige chemische Kampfstoffe zurückhalten. Wegen der toxischen Abgase aus den eingesetzten Waffen, arbeitet die Geschützmannschaft unter Schutzmaske, welche über Schlauch an die Frischluft-Zufuhrleitung angeschlossen ist. Der Unterkunftsraum liegt unterhalb des Kommando- und Maschinenraums im Bunker Ost bzw. unter der Kampfplattform im Bunker West.
Der Kanton Basel-Landschaft hat das vorstehend beschriebene Kernstück der Sperrstelle Angenstein erworben. Die Gesamtanlage – welche in der Zeit des Kalten Krieges noch verstärkt wurde – besteht aus insgesamt 8 Bunkern und Unterständen, 7 Mannschaftsunterständen moderner Bauart (ASU) und 7 Gelände-Panzerhindernissen mit insgesamt 11 Strassenbarrikaden.
Nach dem 2. Weltkrieg wurde das Infanteriewerk Angenstein (Bunker Ost) mit perfekten, historisierenden Tarnaufbauten versehen. Diese fügen sich als Wirtschaftsgebäude dem Baukörper des Schlosses harmonisch an. Als Pzaw Geschütze wurden die beiden 4,7 cm B-K 37 durch die 9 cm Pzaw B-K (ursprünglich die mobile Leichte 9 cm Pzaw Kan 50) ersetzt, welche Hohlpanzer-Munition mit hoher Durchschlagsleistung verschiesst. Die zwei Mg 11 wurden durch die leistungsstärkeren Mg 51, mit doppelter Schusskadenz, abgelöst.
Die Offiziersgesellschaft beider Basel betreut die beiden Werke Angenstein und Muggenberg unter einer Leistungsvereinbarung mit dem Kanton. Sie nimmt damit eine Anlage von militärhistorisch nationaler Bedeutung in ihre Obhut, unterhält sie und macht sie der Öffentlichkeit zugänglich.
Verfasst von Oberst Hans Ruedi Schaffhauser